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BFH-Entscheidung zur Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft

(BFH-Urteil vom 31.07.2024 – II R 28/21)
BFH-Entscheidung zur Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft
Aktuelles
04.02.2025 — Lesezeit: 4 Minuten

BFH-Entscheidung zur Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft

(BFH-Urteil vom 31.07.2024 – II R 28/21)

Mit der vorgenannten Entscheidung äußert sich der BFH zu der Frage, ob eine Kapitalgesellschaft, die an einer grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt ist, auch dann als Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft gilt, wenn die Anteile an der Kapitalgesellschaft auf eine Person oder Gesellschaft übertragen werden, die auch unmittelbar als Gesellschafterin an der Personengesellschaft beteiligt ist.

Regelung des § 1 Abs. 2a GrEStG: Wann fällt Grunderwerbsteuer an?

Die Entscheidung betrifft die Norm des § 1 Abs. 2a GrEStG. Danach gilt: Ändert sich bei einer grundbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, so gilt dies als ein auf Übereignung der im Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft befindlichen Grundstücke auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Es fällt also immer dann Grunderwerbsteuer an, wenn innerhalb von zehn Jahren 90 Prozent oder mehr der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf sog. Neugesellschafter übertragen werden.

Neugesellschafter sind solche Gesellschafter, die zuvor nicht an der Personengesellschaft beteiligt waren. Fraglich ist, was passiert, wenn an der Personengesellschaft keine natürlichen Personen, sondern eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

„Alles-oder-Nichts-Regel“ für Kapitalgesellschaften

  • 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG bestimmt hierzu Folgendes:

Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90/100 der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen.“

Es gilt also eine „Alles-oder-Nichts-Regel“:

  • Werden mehr als 90 Prozent der Anteile einer an einer grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft übertragen, so gilt diese Kapitalgesellschaft im Ganzen, also zu 100 Prozent, als Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft.
  • Werden nur weniger als 90 Prozent der Gesellschaftsanteile an der Kapitalgesellschaft übertragen, bleibt es dabei, dass die Kapitalgesellschaft nicht (auch nicht anteilig) als Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft qualifiziert.

Streitfall: Anteilserwerb durch bestehende Gesellschafter

Im Streitfall des BFH-Urteils vom 31.07.2024 bestand die Besonderheit darin, dass die Anteile an der Kapitalgesellschaft auf Personen übertragen wurden, die zuvor schon direkt an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt waren.

In diesem besonders gelagerten Fall waren manche Stimmen in der Literatur der Auffassung, dass durch die Kapitalgesellschaft „hindurchzuschauen“ sei und in Bezug auf die Definition des „Altgesellschafters“ nicht nur die Beteiligungsstruktur der Kapitalgesellschaft in den Blick zu nehmen sei, sondern auch diejenige der grundbesitzenden Personengesellschaft. Mit anderen Worten: Erfolgte die Übertragung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft auf Personen, die zuvor zwar nicht an der Kapitalgesellschaft, wohl aber (direkt) an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt waren, so sollte dies nach vielfach in der Literatur vertretener Auffassung grunderwerbsteuerunschädlich sein, weil diejenige Person, auf die die Anteile übertragen werden, bereits zuvor unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt war und deshalb nicht dazu beitragen könne, dass die Kapitalgesellschaft als Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 Satz 4 GrEStG gelte.

Finanzverwaltung bleibt bei Ebenenbetrachtung

Die Finanzverwaltung hat diese „Sphärenvermischung“ stets abgelehnt und ein striktes „Ebenenkonzept“ vertreten. Ob eine Kapitalgesellschaft als Neugesellschafterin einer grundbesitzenden Personengesellschaft gelte, sei nur und ausschließlich auf Ebene der beteiligten Kapitalgesellschaft zu entscheiden. Würden mehr als 90 Prozent oder mehr der Anteile an der Kapitalgesellschaft auf Personen übertragen, die zuvor nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligt waren, gelte die Kapitalgesellschaft als Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft, und zwar auch dann, wenn die Anteile auf Personen übertragen werden, die (auch) unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt sind.

BFH bestätigt Sichtweise der Finanzverwaltung

Der BFH hat sich mit seinem neuen Urteil der Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen. Er erteilt dem vertikalen Hindurchschauen und -rechnen durch die Kapitalgesellschaft eine Absage und stellt auf eine rein horizontale Betrachtungsweise auf Ebene der Kapitalgesellschaft ab. Der Begriff des „Alt- oder Neugesellschafters“ sei nur in Bezug auf die jeweilige Ebene zu bestimmen; es spiele keine Rolle, ob und wie lange eine Person, auf die Anteile an der Kapitalgesellschaft übertragen werden, möglicherweise auch an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt ist.

Bedeutung der Entscheidung für die Praxis

Die Entscheidung ist bedauerlich, entspricht aber der Gesetzessystematik des § 1 Abs. 2a GrEStG und ist damit richtig.

Sie spielt eine große Rolle auch für die Auslegung des § 1 Abs. 2b GrEStG (Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft), bei der identische Überlegungen gelten.

Autor: WP/StB Oliver Mensching, ETL mensching plus

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