Grunderwerbsteuerpflicht bei Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft
In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass die Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), die zum Erlöschen des Sondereigentums und der Begründung von Miteigentum führt, grunderwerbsteuerpflichtig ist. Das bedeutet, dass bei der Umwandlung von separatem Wohnungseigentum in gemeinsames Miteigentum die Grunderwerbsteuer anfällt, da der Vorgang als Tauschvertrag im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) betrachtet wird.
Was ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft?
Eine WEG entsteht, wenn in einem Gebäude mehrere Personen jeweils Sondereigentum an einzelnen Wohnungen oder Räumen besitzen und zugleich Miteigentum am gemeinschaftlichen Eigentum, wie etwa Fluren, Treppenhäusern oder dem Grundstück, haben. Bei der Aufhebung einer WEG geht das vorherige Sondereigentum der einzelnen Eigentümer verloren und wird durch gemeinsames Miteigentum ersetzt.
Warum ist die Aufhebung steuerpflichtig?
Der BFH stellte fest, dass der Erwerb von Miteigentum an den ehemals im Sondereigentum befindlichen Einheiten einen „Rechtsträgerwechsel“ bewirkt. Dies bedeutet, dass durch den Wechsel der Eigentumsverhältnisse die Grunderwerbsteuer fällig wird. Die Frage bleibt jedoch, ob in dieser Situation auch die Steuerbefreiung nach § 7 Abs. 1 GrEStG angewendet werden kann, die in anderen Fällen für die Begründung von Wohnungseigentum vorgesehen ist.
Steuerbefreiung nicht anwendbar
Der BFH führte erstmals aus, dass die Steuerbefreiungsvorschrift des § 7 Abs. 1 GrEStG – die normalerweise auf die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum durch mehrere Miteigentümer anwendbar ist – nicht auf die Aufhebung von Sondereigentum und die Bildung von Miteigentum anwendbar ist. Der Grund dafür: Es fehlt an einer Entsprechung der Flächen, die ursprünglich im Sondereigentum standen und nun den Miteigentümern gemeinsam gehören.
Auswirkungen auf die Praxis
Es bleibt abzuwarten, ob die neue BFH-Rechtsprechung in den entsprechenden Ländererlassen zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG berücksichtigt wird. Bislang geht die Finanzverwaltung davon aus, dass gemäß dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 2 und des § 7 Abs. 1 GrEStG bei der Aufhebung von Sondereigentum an Wohnungen und anschließender Realteilung nur tatsächliche Wertverschiebungen zwischen den Rechtsträgern grunderwerbsteuerlich erfasst werden.
Autor: WP/StB Dr. Oliver Mensching, ETL mensching plus