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Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken bleibt umsatzsteuerpflichtig

Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken bleibt umsatzsteuerpflichtig
Aktuelles
12.12.2022

Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken bleibt umsatzsteuerpflichtig

In einem Revisionsverfahren bestätigt der Bundesfinanzhof (BFH) die bisherige Praxis der Dienstwagenbesteuerung und widerspricht damit dem saarländischen Finanzgericht.

Laut BFH-Urteil vom 30. Juni 2022 stellt die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers in der Regel Entgelt für die Überlassung eines Dienstwagens dar. Der zur Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer des Unternehmers zur privaten Nutzung und dessen Arbeitsleistung setzt grundsätzlich eine individuelle arbeitsvertragliche Vereinbarung über die Fahrzeugüberlassung und deren tatsächliche Durchführung voraus. Dem Arbeitgeber steht beim Erfüllen dieser Voraussetzungen der Vorsteuerabzug aus den im Zusammenhang mit der Fahrzeugüberlassung entstehenden Aufwendungen zu. 

Ausgangsverfahren 

Strittig war im Ausgangsverfahren die Frage der Umsatzsteuerbarkeit der Überlassung von Fahrzeugen zur privaten Nutzung. Die Arbeitgeberin, eine Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts, überließ den im Inland wohnenden Angestellten A und B jeweils ein zum Unternehmensvermögen gehörendes Firmenfahrzeug, das A und B auch privat nutzen konnten. Mit A vereinbarte die Arbeitgeberin eine Eigenbeteiligung, die sie aber aufgrund einer vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht einforderte. Vom Gehalt des B behielt die Arbeitgeberin einen Betrag ein, da die für das Fahrzeug zu zahlende Leasingrate insoweit das mit dem Mitarbeiter für die Fahrzeugüberlassung vereinbarte Budget überschritt. Zudem bestand eine gesonderte Dienstwagenvereinbarung. 

Die Arbeitgeberin meldete in Deutschland hinsichtlich der Überlassung der Fahrzeuge steuerpflichtige sonstige Leistungen zur Umsatzsteuer an. Das Finanzamt stimmte dem zu. Im Folgenden legte die Arbeitgeberin Einspruch ein, der vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen wurde. Im Klageverfahren setzte das FG Saarland das Verfahren mit Beschluss v. 18.3.2019 – 1 K 1208/16 aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, inwieweit die Fahrzeugüberlassung umsatzsteuerpflichtig ist.

Nach Ergehen des EuGH-Urteils v. 20.1.2021 – C-288/19 „QM“ gab das FG der Klage überwiegend statt. Die Arbeitgeberin habe das Fahrzeug an A nicht gegen Entgelt überlassen, da A für die Gebrauchsüberlassung keine Zahlung geleistet und hierfür auch keinen Teil seiner Barvergütung verwendet habe. A habe die Fahrzeugüberlassung zudem nicht unter Verzicht auf andere Vorteile unter mehreren angebotenen Vorteilen ausgewählt. Auch in der (teilweisen) Arbeitsleistung des A sei kein Entgelt für die Fahrzeugüberlassung zu sehen (FG des Saarlandes, Urteil v. 29.7.2021-1 K 1034/21). 

Entscheidung BFH 

Der BFH widerspricht dem FG. Das FG hat zu Unrecht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der Arbeitsleistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes verneint. Die Fahrzeugüberlassung ist als Vermietung eines Beförderungsmittels im Inland steuerbar: 

  • Das Finanzgericht hat eine entgeltliche Vermietung fehlerhaft verneint.
  • Die Gegenleistung für eine empfangene Leistung kann auch eine Sachleistung sein. 
  • Nach Auffassung des BFH kann ein tauschähnlicher Umsatz auch vorliegen, wenn nur die Arbeitsleistung als Entgelt für die Fahrzeugüberlassung anzusehen ist.
  • Der unmittelbare Zusammenhang ergibt sich regelmäßig aus der individuellen Nutzungsüberlassung auch für private Zwecke im Rahmen des Anstellungsvertrages.
  • Nicht ausreichend ist demgegenüber laut BFH der bloße Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis und allein die einkommensteuerliche Beurteilung.
  • Unbeachtlich ist, dass der konkrete Umfang der Arbeitsleistung und der ausgezahlte Barlohn unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Privatnutzung der Fahrzeuge war.
  • Ebenso irrelevant ist die Frage, ob dem Arbeitgeber der Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Fahrzeuge zusteht.

Praktische Einordnung 

Das BFH-Urteil ist von erheblicher praktischer Relevanz, da es eine in der Praxis gängige Konstellation betrifft.  Ein tauschähnlicher Umsatz ist zu bejahen, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG). Der notwendige unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung ergibt sich vorliegend aus der individuellen Nutzungsvereinbarung im Rahmen des Anstellungsvertrags und deren tatsächlicher Durchführung. Auf die einkommensteuerliche Beurteilung kommt es hierbei nicht an. 

Der Wert jedes Umsatzes stellt die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für den anderen Umsatz dar (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Der Arbeitgeber kann wahlweise die Selbstkosten (insb. die Leasingraten) ansetzen oder entsprechend der Vereinfachungsregelung des BMF aus den lohnsteuerlichen Werten die Umsatzsteuer herausrechnen (sog. 1 %-Regelung). 

Auch ohne explizite Vereinbarung eines Gehaltsverzichts dürfte damit zukünftig der Vorsteuerabzug von inländischen Arbeitgebern aus den der Dienstwagenüberlassung zuzuordnenden Eingangsleistungen nicht gefährdet sein. 

Praxis-Empfehlung 

(BFH-)Gerichtlich zu klären bleibt indes die Frage, ob eine entgeltliche Fahrzeugüberlassung auch beim Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung im Arbeitsvertrag zustande kommt (faktisch betriebliche Übung). 

Zur Wahrung der Vorsteuerabzugsberechtigung ist zu empfehlen, die Fahrzeugüberlassung zur privaten Nutzung vertraglich zu regeln und explizit nicht nur eine rein faktische Nutzungsmöglichkeit zu genehmigen. Alternativ sollte der Ansicht der Finanzverwaltung gefolgt und auch bei rein faktischer Inanspruchnahme ein tauschähnlicher Umsatz unterstellt werden (Abschnitt 15.23 Abs. 9 Satz 2 UStAE). 

 

Autor: Jonas Liermann

 

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