Die neue Kleinunternehmerregelung im internationalen Kontext
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) wird die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG mit Wirkung zum 1.1.2025 (Art. 56 Abs. 7 JStG 2024) zwecks Anpassung an das Unionsrecht modifiziert. Bislang wurde die Umsatzsteuer bei Anwendung des § 19 UStG als „nicht erhoben“ klassifiziert, während die Umsätze künftig als „steuerfrei“ ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug eingestuft werden. In der Regel wird dies keinen akuten Handlungsbedarf auslösen.
Neue Umsatzschwellen
Die Änderung der gesetzlichen Umsatzschwelle zum 1. Januar 2025 ist hingegen von entscheidender Bedeutung. Künftig ist die Kleinunternehmerregelung nur anwendbar, wenn der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000 Euro nicht überschritten hat (bisher 22.000 Euro) und im laufenden Kalenderjahr tatsächlich 100.000 Euro (bisher „voraussichtlich“ 50.000 Euro) nicht überschreitet. Die bisherige 50.000 Euro-Grenze war prognoseabhängig und Konsequenzen drohten bei Überschreiten erst im Folgejahr. Künftig entfällt die Kleinunternehmerregelung im laufenden Kalenderjahr jedoch unmittelbar mit Wirkung ab dem Zeitpunkt, in dem die 100.000 Euro-Grenze überschritten wird. Im Jahr der Aufnahme der Tätigkeit findet § 19 UStG nur Anwendung, wenn die Grenze von 25.000 Euro nicht überschritten wird.
Der Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird, unterliegt der Regelbesteuerung, während die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung bewirkten Umsätze steuerfrei bleiben. Übt der Unternehmer seine Tätigkeit nur für einen Teil des Kalenderjahres aus, entfällt die bisher erforderliche Umrechnung in einen Jahresumsatz. Der mögliche und für fünf Jahre bindende Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nach § 19 Abs. 3 UStG bis zum Ablauf der Frist zur Abgabe der Steuererklärungen zulässig.
Mit § 34a UStDV (Anwendung ab 1.1.2025) werden erstmals Mindestangaben festgelegt, die eine Rechnung über eine nach § 19 UStG steuerfreie Leistung enthalten muss. Im Vergleich zu „regulären Rechnungen“ nach § 14 Abs. 4 UStG weicht sie in folgenden Punkten ab: So ist keine fortlaufende Nummerierung erforderlich und der Leistungszeitpunkt muss nicht angegeben werden. Das Entgelt ist in einer Summe mit dem Hinweis auf die beanspruchte Steuerbefreiung nach § 19 UStG anzugeben.
Erweiterte Kleinunternehmerregelung mit internationaler Ausrichtung
Zwei neue gesetzliche Regelungen ermöglichen es, die Kleinunternehmerregelung auf europäischer Ebene anzuwenden:
- Für Unternehmer aus dem EU-Ausland
Gemäß § 19 Abs. 4 UStG kann auch ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, dessen Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet den unionsrechtlich vorgegebenen Grenzwert von 100.000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht überschreitet, für seine deutschen Umsätze wie ein inländischer Unternehmer die Kleinunternehmerregelung beanspruchen. Gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 2 UStG ist eine gültige „Kleinunternehmer-Identifikationsnummer“ erforderlich, die durch den Mitgliedstaat der Ansässigkeit ausgegeben wird; das Vorliegen der Voraussetzungen wird im Ansässigkeitsstaat geprüft. - Für deutsche Unternehmer in der EU
Gemäß § 19a UStG haben inländische Unternehmer die Möglichkeit, ab dem Jahr 2025 die Kleinunternehmerregelung anderer EU-Mitgliedstaaten zu beanspruchen. Dazu ist eine Teilnahme am besonderen Meldeverfahren über das BZSt für Kleinunternehmer erforderlich. Voraussetzungen: Der Vorjahresumsatz und der Umsatz im laufenden Jahr im Gemeinschaftsgebiet dürfen jeweils 100.000 Euro nicht überschreiten. Außerdem müssen die Bedingungen zur Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung der jeweiligen Mitgliedstaaten erfüllt sein. Darüber hinaus darf der Unternehmer in keinem anderen Mitgliedstaat zur Anwendung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer registriert sein.
Autor: Jonas Liermann, ETL WRG