BFH-Urteil zur Betriebsstätteneigenschaft bei ausländischen Projektgesellschaften
Mit Urteil vom 05.06.2024 – I R 32/20 hat sich der BFH zur Betriebsstätteneigenschaft inländischer Projektgrundstücke ausländischer Projektgesellschaften geäußert. Die Ausführungen des BFH sind von hoher Relevanz. Gerade die größeren ausländischen Projektentwickler haben in der Vergangenheit häufig versucht, der deutschen Gewerbesteuer zu entgehen, indem nicht inländische, sondern ausländische Rechtsformen (z.B. Luxemburger S.à r.l.s.) als Projektgesellschaft verwendet wurden.
Der Sachverhalt des Urteils: GmbH & Co. KG mit ausländischer Geschäftsleitung
Im Urteilssachverhalt ging es um eine GmbH & Co. KG mit deutschem statuarischem Sitz in Deutschland, aber niederländischem Ort der Geschäftsleitung. Der Gegenstand der KG bestand (u.a.) im Kauf, der Bebauung sowie der Weiterveräußerung von in Deutschland belegenen Grundstücken, mithin klassischer Projektentwicklung. Der Ort der Geschäftsleitung der KG sowie der Ort, von dem aus die Baumaßnahmen beauftragt wurden, befanden sich nach den Feststellungen des Finanzgerichts in den Niederlanden. Die KG verfüge daher über eine Geschäftsleitungs-Betriebsstätte in den Niederlanden. Dies ist insoweit unstreitig.
Entscheidung des BFH: Inländische Projektgrundstücke als Betriebsstätten
Gleichzeitig, und dies ist die eigentlich interessante Feststellung des BFH, handele es sich bei den in Deutschland belegenen Projektgrundstücken um Betriebsstätten i. S. des § 12 Satz 1 AO. Nach dieser Norm ist Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Die Annahme einer Betriebsstätte gemäß § 12 Satz 1 AO setzt eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (vgl. z.B. BFH vom 02.04.2014 – I R 68/12). Soweit die KG daher inländische Grundstücke zu Eigentum erworben, bebaut und weiterveräußert habe, habe es sich daher jeweils um „feste“ Geschäftseinrichtungen oder Anlagen i. S. des § 12 Satz 1 AO, mithin inländische Betriebsstätten i. S. des Gewerbesteuergesetzes, gehandelt, die der Tätigkeit der Klägerin gedient haben. Da die Bauarbeiten nach den vorinstanzlichen Feststellungen jeweils mehr als sechs Monate angedauert hätten, seien aber zugleich auch die Voraussetzungen des § 12 Satz 2 Nr. 8 AO (Bauausführungs-Betriebsstätte) erfüllt.
Auswirkungen auf die Gewerbesteuer
Der Projektgewinn der KG unterliege daher der deutschen Gewerbesteuer, gekürzt um denjenigen Anteil am Gesamt-Gewerbeertrag, der auf die niederländische Geschäftsleitungs-Betriebsstätte entfalle. Im Ergebnis muss daher damit gerechnet werden, dass auch ausländische Projektgesellschaften künftig mit ihren inländischen Projektentwicklungen zur deutschen Gewerbesteuer veranlagt werden.
Autor: WP/StB Dr. Oliver Mensching, ETL mensching plus