Startseite | Aktuelles | Erste Urteile in Sachen Grundsteuerwerterklärungen

Erste Urteile in Sachen Grundsteuerwerterklärungen

Erste Urteile in Sachen Grundsteuerwerterklärungen
Aktuelles
26.01.2024

Erste Urteile in Sachen Grundsteuerwerterklärungen

Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt äußerten namhafte Steuerrechtler verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Ermittlungsverfahren zum Grundsteuerwert insbesondere im Rahmen des sogenannten Bundesmodells. Daraufhin wurden nach Ergehen der entsprechenden Bescheide eine Vielzahl von Einsprüchen eingelegt. Erste Urteile von Finanzgerichten liegen nun vor.

Gestaltungsspielraum nicht überschritten

Das sächsische Finanzgericht (Urteil vom 24.10.2023 2 K 574/23) hatte sich mit einer Klage gegen die Wertansätze in einem Bescheid zu beschäftigen. Der Steuerpflichtige hatte beantragt, dass die Ansätze in seinem Bescheid so abgeändert werden, dass sie den Regeln des Verfassungsrechts entsprechen. Das sächsische Finanzgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Im Interesse eines möglichst einfachen Besteuerungsverfahrens kann der Gesetzgeber Vereinfachungen und Typisierungen vorsehen. Nach Auffassung des Finanzgerichtes hat er dabei seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Eine weitere Differenzierung nach konkreten Ausstattungsmerkmalen würde die vom Gesetzgeber beabsichtigte Typisierung und Vereinfachung des Verfahrens erheblich erschweren.

Bei der Bewertung des Urteils ist zu berücksichtigen, dass Sachsen von dem Recht Gebrauch gemacht hat, ein vom Bundesmodell abweichendes Modell der Bewertung zugrunde zu legen.

Keine Zweifel an Rechtmäßigkeit

Bei den übrigen Urteilen ging es darum, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu entscheiden, ob die Vollziehung der erlassenen Grundsteuerwertbescheide auszusetzen ist. Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes kann auf Antrag ausgesetzt werden, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Das Finanzgericht Nürnberg (Beschluss vom 08.08.2023 8 V 300/23) hat die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt, da es keine ernstlichen Zweifel daran hat, dass die dem Bescheid zugrundeliegenden Rechtsnormen verfassungsgemäß sind und auch keine Härte bei dem Steuerpflichtigen erkannt hat. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass in Bayern ein vom Bundesmodell abweichendes Bewertungsmodell gilt.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat sich inhaltlich nicht mit den gesetzlichen Grundlagen beschäftigt, sondern darauf verwiesen, dass der Erlass des Bescheides unmittelbar keine besondere Härte für den Steuerpflichtigen mit sich bringt. Hier lag dem angefochtenen Bescheid das Bundesmodell zugrunde.

Einspruch erwirkt Aussetzung der Vollziehung

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Beschlüsse mit Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23 jeweils vom 23.11.2023) hatte sich mit Bescheiden beschäftigt, bei denen das Bundesmodell verwendet wurde. Es hat sich sehr ausführlich mit den Argumenten der Kläger auseinandergesetzt und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass dem Kläger nach summarischer Prüfung vorläufiger Rechtsschutz in Form der Aussetzung der Vollziehung aufgrund ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide zu gewähren ist. Es stützt seine Beschlüsse auf folgende Erwägungen:

  • Die Zusammensetzung der Gutachterausschüsse zur Festlegung der Bodenrichtwerte lässt Zweifel an der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit aufkommen, weil es nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung möglich ist, dass der Vorsitzende des Gutachterausschusses durch die Auswahl der Mitglieder nach Anzahl und konkreter Besetzung Einfluss nehmen kann und weil die Finanzverwaltung die Tätigkeit ihrer Ausschussmitarbeiter im Bereich der Grundstücksbewertung jederzeit beenden und damit ein automatisches Ausscheiden aus dem Gutachterausschuss bewirken kann.
  • Eine verfassungskonforme Auslegung der Bewertungsregeln in § 218 ff BewG gebietet es, dass der Steuerpflichtige die Möglichkeit hat, einen unter dem typisierten Grundsteuerwert liegenden niedrigeren Grundstückswert nachzuweisen.
  • Es bestehen ernstliche Zweifel daran, dass die neuen Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG zu einer aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung führen.
  • Aus den Regelungen des GrStG sowie der §§ 218 ff. BewG ist der Belastungsgrund der Grundsteuer nach dem Grundsteuer-Reformgesetz nicht eindeutig erkennbar.
  • Die große Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen in den §§ 243 ff. BewG und eine nahezu vollständige Vernachlässigung aller individuellen Umstände der konkret bewerteten Grundstücke führt zu gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Wertverzerrungen für den gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung.

Die beiden Verfahren stellt das Finanzgericht detailliert auf seiner Webpräsenz dar. Hier lesen.

Vorsorglich Einspruch einlegen?

Inwieweit ein Einspruch gegen ergangene Bescheide sinnvoll ist, sollte im Einzelfall entschieden werden, nämlich dann, wenn sich der nach den typisierenden Vorschriften ermittelte Wert vor dem Hintergrund der tatsächlichen Verhältnisse als überhöht erweisen sollte. Eine generelle Empfehlung dahingehend, dass stets vorsorglich Einspruch eingelegt werden sollte, ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll.

 

Das könnte Sie auch interessieren: Grundsteuererlass bei Mietausfall

Suchen
Format
Autor(en)


Dirk Bottner
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Mail: dirk.bottner@etl.de


Alle Kontaktdaten

Weitere interessante Artikel