Lauterbachs Krankenhaus-Reform: Schluss mit „billiger Medizin“
Karl Lauterbach will, dass „billige Medizin“ der Vergangenheit angehört. In der Bundespressekonferenz am Dienstag stellten der Gesundheitsminister und Vertreter der Expertenkommission die Eckpunkte der Krankenhaus-Reform vor – eine „Revolution im Krankenhaussektor“, so Lauterbach. Gravierendes Problem sei das System der Fallpauschalen, das dazu führe, dass Krankenhäuser so billig und so viel wie möglich behandelten. Darunter leide die Qualität.
Alleine der kritische (und selbstkritische) Blick auf die ökonomischen Rahmenbedingungen der vergangenen 20 Jahren dürfte allen, die im Krankenhaus arbeiten und Verantwortung für Patienten übernehmen, aus dem Herzen sprechen.
In einer budgetneutralen Konvergenzphase von fünf Jahren sollen folgende Eckpunkte für die Gestaltung der Krankenhauslandschaft zum Tragen kommen:
Grundsätzlich Vorhaltefinanzierung in Höhe von 40 bis 60 Prozent des bisherigen Budgets inkl. des bisherigen Pflegebudgets
Die Bereiche Notfallmedizin, Intensivmedizin, Neonatologie und Geburtshilfe sollen eine 60-prozentige Vorhaltefinanzierung erhalten, die übrigen Bereiche der stationären Krankenhausbehandlung erhalten 40 Prozent des Budgets als Vorhaltefinanzierung. Eine fallbezogene Vergütung durch abgesenkte DRG-Pauschalen („Residual-DRGs“) bleibt für den verbleibenden Budgetanteil bestehen.
Einführung einer Planungslogik mit drei Versorgungsstufen
Jedes Krankenhaus soll in eines von drei Versorgungslevels eingestuft werden. Versorgungsstufe 1 soll die flächendeckende Grundversorgung sicherstellen. Hier wird unterschieden zwischen „Stufe 1n“, die Notfallversorgung anbietet und dementsprechend auch der 40/60-Logik der Finanzierung entspricht, sowie „Stufe 1i“, in der vor allem (akut-)pflegerische Leistungen organisiert werden. Diese Einrichtungen werden zu 100 Prozent über Tagespauschalen für alle nicht-ärztlichen Leistungen finanziert und können auch pflegerisch geleitet werden. Die ärztlichen Leistungen in den Level 1i-Einrichtungen werden über EBM abgerechnet.
Zusätzlich zu den Versorgungsstufen sollen der Krankenhaus-Planung künftig 128 Leistungsgruppen zugrunde liegen
Nicht mehr alle sollen alles machen dürfen. Erfahrung und Ausstattung dienen u.a. als Qualitätsmerkmale. Nur wer die Qualitätskriterien in einer der 128 definierten Leistungsgruppen erfüllt, darf diese Leistungen auch abrechnen. Die KH-Planungsgrundsätze aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen werden vom Minister und der Expertenkommission als richtig und anschlussfähig, aber noch nicht als radikal genug eingeschätzt.
Vermutlich werden viele Akteure in der deutschen Krankenhaus-Landschaft bemängeln, dass die Reformideen kostenneutral umgesetzt werden sollen – schließlich ist davon auszugehen, dass die Reform zu einer Bereinigung des Krankenhausmarktes führt, vor allem in den bisher überversorgten Regionen. Anders wird man das Problem, dass pro Einrichtung zu wenig Geld und Personal zur Verfügung steht, nicht in den Griff bekommen. Andererseits sollten die Effekte, die durch Planungsklarheit und Vermeidung von Überversorgung entstehen, nicht unterschätzt werden. Das größere Risiko besteht darin, dass die Ankündigungen Lauterbachs und der Kommission – die durchaus einem großen Wurf entsprechen können – im weiteren politischen Prozess und in der Auseinandersetzung mit Selbstverwaltungsinstitutionen durch Partikularinteressen aufgeweicht und verlangsamt werden.
Mit Spannung erwarten wir weitere Details zur Umsetzung. Wir informieren zeitnah.