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Zeichen stehen auf Grün: Mehrwertsteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen

Interview mit ETL-Steuerberater Peter Backes
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02.12.2022 — zuletzt aktualisiert: 05.12.2022

Zeichen stehen auf Grün: Mehrwertsteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen

Interview mit ETL-Steuerberater Peter Backes

Anhaltende Krisen wie der Klimawandel, aber auch der Krieg in der Ukraine führen zu einer stärkeren Abkehr von fossiler Energie und zu einer beschleunigten Energiewende. Auch seitens der Politik stehen die Zeichen auf Grün: Deutschland richtet seine gesamte Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Klimaschutz-Pfad aus. Die Stromversorgung soll daher bereits im Jahr 2035 nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien beruhen. Um diese Entwicklung weiter voranzutreiben, wird die Nutzung von Photovoltaikanlagen bald mehrwertsteuerfrei. Peter Backes, ETL-Steuerberater, weiß, welche Neuerungen auf Steuerzahler zukommen und was diese Entwicklung für Franchisesysteme zu bedeuten hat.

Alternative Energiegewinnung könnte längst boomen, doch viele sind gehemmt, Photovoltaikanlagen zu installieren. Woran liegt das?

Ein Grund dafür ist sicherlich, dass viele Unternehmen die notwendigen Investitionen scheuen. Wann sich eine Anlage im Vergleich zum Strombezug vom Netzbetreiber rentiert, hängt nämlich von vielen Faktoren ab und muss individuell ermittelt werden. Dies betrifft auch die Frage, ob Strom in das Netz eingespeist werden soll.

Aber auch die Verwaltung führt zu Kopfzerbrechen. Was ist steuerlich zu beachten? Muss ich als Unternehmer oder vielleicht sogar als Privatperson Mehrwertsteuer zahlen? Kann ich mir auf der anderen Seite die gezahlte Mehrwertsteuer für Investitionen wieder als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen? Die Anlage muss möglicherweise vom Stromversorger autorisiert und abgenommen werden. Diese Unklarheiten schrecken viele Interessierte ab.

Damit trotzdem mehr Unternehmen und Haushalte auf Photovoltaikanlagen umsteigen, soll die Entbürokratisierung Abhilfe schaffen. Im Jahressteuergesetz 2022 wurden zahlreiche Steuererleichterungen beschlossen. Welche Maßnahmen wurden festgelegt und ab wann gelten diese?

Zunächst der Hinweis, dass das Jahressteuergesetz noch nicht verabschiedet wurde und die besprochenen Steueränderungen damit noch nicht final sind. Bestimmte Neuerungen sollen aber ab dem neuen Jahr 2023 gelten.

Die Einkommensteuer entfällt für Einnahmen aus dem Betrieb von kleineren Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW (Peak) auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien. Bei Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Gebäuden mit Wohn- und Gewerbeeinheiten, die überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden, sind es 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit. Werden mehrere Anlagen betrieben, greift die Steuerbefreiung bis maximal 100 kW. Die Steuerbefreiung bei der Einkommensteuer soll bereits ab dem 1. Januar 2022 gelten und ist folglich bereits für das Veranlagungsjahr 2022 relevant.

Bei der Umsatzsteuer soll ein sogenannter Nullsteuersatz zur Anwendung kommen, also eine Mehrwertsteuerbefreiung. Diese gilt, wenn Solarmodule mit den zugehörigen Komponenten und Speichern auf Privathäusern, Wohnungen oder öffentliche Gebäude, die dem Gemeinwohl dienen, erworben und installiert werden. Sowohl bei der Lieferung der Anlagen in Deutschland, als auch beim innergemeinschaftlichen Erwerb oder bei Einfuhren aus dem Ausland, werden diese dann nicht mit Mehrwertsteuer belastet. Auch hier gilt eine Begrenzung auf 30 kW Bruttonennleistung.

Für wen gelten die neuen Regelungen? Welche Ausnahmen und Hürden müssen Unternehmen beachten?

Wer unter den Umsatzschwellen für Kleinunternehmer bleibt (weniger als 22.000 Euro Gesamtumsatz im jeweils vergangenen Jahr und nicht mehr als 50.000 Euro prognostiziert), muss für die Einspeisung von Strom keine Mehrwertsteuer zahlen. Allerdings entfällt dann auch der Vorsteuerabzug.

Es besteht aber die Möglichkeit, auf den Status als Kleinunternehmer zu verzichten. Dies war bislang vor allem dann sinnvoll, wenn man sich die Vorsteuer auf die Investitionen vom Finanzamt wiederholen wollte. Durch den Verzicht haben Unternehmer dann aber auf jeden Fall für 5 Jahre Mehrwertsteuer für die Einspeisung zu zahlen.

Für den privaten Verbrauch von Strom, der nicht eingespeist und auch nicht in einem unternehmerischen steuerpflichtigen Betrieb verwendet wird, muss für diesen Eigenverbrauch ebenfalls Mehrwertsteuer an das Finanzamt gezahlt werden, wenn ich mir die Vorsteuer aus den Investitionen vom Finanzamt geholt habe.

Betreiber der kleineren Anlagen auf Privathäusern, Wohnungen und dem Gemeinwohl dienenden Immobilien, müssen sich keine Gedanken um den Vorsteuerabzug machen. Sie sparen 19 Prozent Steuern beim Erwerb ein. Folglich entfällt auch die Erwägung, auf den Status als Kleinunternehmer zu verzichten, was die Bürokratie und die damit im Zusammenhang stehenden Sorgen und Kosten reduziert.

Warum ist diese Entwicklung besonders für Franchisesysteme interessant?

Interessant sind die Neuregelungen insbesondere für diejenigen Franchisesysteme, die geschäftsmäßig mit Photovoltaikanlagen handeln und diese installieren. Hier ergeben sich durch die Neuregelung natürlich wesentliche Auswirkungen, die das Marketing, die Vertragsgestaltung, die Preisermittlung, die Rechnungsstellung gegenüber der Kundschaft und die umsatzsteuerlichen Meldepflichten betreffen.

 

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